Unterrichtsstörungen vorbeugen
Zwei Fragen, die du statt Belohnungen und Bestrafungen nutzen solltest
Eine Antwort auf die Frage „Wie mach ich das weg?“ reicht auf die Dauer nicht aus, wenn dein Unterricht regelmäßig von Störungen belastet ist. Legst du wert auf eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung, solltest du dir zwei Fragen stellen:
1. Wen stört´s?
2. Woher kommt´s?
Anmerkung vorweg: Hast du ständig mit Schnupfen zu kämpfen, steckst du dir auch keinen Stöpsel in die Nase.
Du bemühst dich, dein Immunsystem zu stärken und trägst im Winter deinen Schal. Das heißt nicht, dass du nie wieder mit Erkältungen zu tun bekommen wirst, doch es lässt sich eindämmen, wenn du ein bisschen vorbeugst. Das musst du dann natürlich regelmäßig tun.
Los geht´s!
Wen stört´s?
Bevor du deinen Schüler:innen den Regel- und Maßnahmenkatalog deiner Schule überstülpst, frag sie ruhig zuerst, welche Regeln SIE für ihr Zusammenleben brauchen. Die meisten wünschen sich nämlich NICHT etwa Chaos & Verwüstung im Klassenzimmer, sondern ein fröhliches Unterrichtsklima. Und viele von ihnen bringen ganz brillante Vorstellungen und Ideen dafür mit, die gehört werden müssen.
Wenn Schüler:innen selbst den Finger in die Wunde legen und ihre Klassenregeln selbst aufstellen (vertrau mir: die können das!), erschließt sich ihnen auch der Sinn und ihre Bereitschaft wächst, sich selbst daran zu halten. Oder aber, sie sind dafür sensibilisiert, sich gegenseitig davon zu überzeugen.
Das heißt für dich vermutlich auch, Kompromisse einzugehen. Eine Regel zu lockern, weil sie für DIESE Klasse eigentlich keinen Unterschied macht, damit der Regelkatalog übersichtlich und freundlich bleibt. Solche Kompromisse sind wichtig, denn Schüler:innen brauchen Erwachsene, die sie ernstnehmen und ihnen zutrauen, Verantwortung zu übernehmen.
Hab keine Angst, dass du „zu nett“ sein oder sonst wie zu kurz kommen könntest, wenn du dich auf ihre Vorschläge einlässt!
Denn:
Auch deine eigenen Grenzen musst du natürlich glasklar kommunizieren – auf Augenhöhe! Auch DU hast ein Recht auf ein für dich angenehmes Klassenklima. Du wirst sonst schlecht gelaunt, mürbe oder krank. Mach dir möglichst vorher schon klar, was genau du darunter verstehst und gleich deine Interessen demokratisch mit denen der Schüler:innen ab. Sie müssen lernen, dass jeder Mensch andere Grenzen hat und es wichtig ist, sich auf diese einzustellen.
Sei Vorbild:Benimm dich selbst anständig und leb Schüler:innen vor, wie man diplomatisch für seine Interessen einsteht und dann lass sie das an dir auch üben dürfen. (Sei aber nicht eingeschnappt, wenn sie das tatsächlich dann auch tun! 😉
Das alles ist Beziehungsarbeit und je besser die Beziehung zwischen euch ist, mit desto weniger Störungen und Anfeindungen musst du rechnen. Du musst dich dabei nicht etwa verstellen, deinen Ärger unterdrücken, um eure Beziehung nicht zu belasten. Du bist ein Mensch – sei authentisch! Doch schalte anschließend wieder um auf Empathie und Diplomatie. An deinem Ärger festzuhalten tut nämlich auch dir nicht gut! Glaub mir: Konsequent auf die Einhaltung von Regeln zu bestehen – das geht o h n e Nörgeln, Motzen und Bestrafen!
(.. und das sage ich nicht etwa, weil du als LOCKER LEHRER nicht gern nörgelst, meckerst und bestrafst, sondern weil es auf die Dauer einfach nichts bringt. Vertrau mir.)
Weiter geht´s!
Woher kommt‘s?
Diese Frage ist ebenso wichtig, denn hierin liegt vieles verborgen, was zur Lösung des Problems wichtig ist. Ich liste dir mal ein paar VIELLEICHTS auf, dann kannst du deine Situation dahingehend überprüfen:
Vielleicht machst du tatsächlich irgendetwas „falsch“: Es kann mit unglücklicher Unterrichtsplanung zu tun haben, Leerlauf, zu langen Lehrer:innenvorträgen, Unpünktlichkeit, Inkonsequenz, Unachtsamkeit .. Vielleicht hilft es, sich neutrale Beobachter:innen in die Klasse zu holen, von dem du ein Feedback über deinen Unterrichtsstil gut vertragen kannst.
Hör es dir das an, lass es sacken und dann ändere das mal – und sei es probehalber ..
Vielleicht bist aber auch gar nicht DU schuldig an der Misere und deine „unangepassten“ Schüler:innen schon gar nicht.
Vielleicht ist der Lateinkollege in der Stunde vor deiner eigenen SO LASCH mit den Schüler:innen, dass sie dann in deiner Stunde weiterhin außer Rand und Band sind ..
Vielleicht ist die Kunstkollegin in der Stunde vor deiner eigenen SO STRENG mit den Schüler:innen, dass sie dann in deiner Stunde endlich mal Dampf ablassen müssen …
Vielleicht sind sie in deiner Stunde oft müde, unterzuckert, überzuckert, nach einer Klassenarbeit geschlaucht, vor einer Klassenarbeit aufgeregt …
Vielleicht sind manche ÜBERfordert, somit frustriert und können nicht anders, als die Aufmerksamkeit auf negative Art und Weise auf sich zu ziehen.
Vielleicht sind manche UNTERfordert, somit gelangweilt und können gar nicht anders, als ihrer Kreativität auf ganz „eigene“ Art fließen zu lassen …
Nur wenn du weißt, aus welchen Gründen deine Klasse so ist, wie sie ist, kannst du gezielt auf die Situation einwirken.
Belohnungen und Bestrafungen sind keine Allround-Lösung!
Hol dir Tipps zum Umgang mit Unterrichtsstörungen, aber pass diese unbedingt an deine Klasse und auch an deine Lehrerpersönlichkeit an. Stülpe deinen Schülern nicht einfach einen Regel- und Maßnahmenkatalog über und wache akribisch über die Einhaltung. Damit machst du sie zum Objekt.
FRAG deine Schüler!
NIMM SIE ERNST!
HOL DIR FEEDBACK! (…selbst wenn dir das Ergebnis vielleicht nicht schmecken wird.)
SCHENK ihnen etwas Bewegung oder eine außerplanmäßige Frühstückspause. Gib deinem Unterricht Sinnhaftigkeit und Lebensnähe. (Gegen Frust schenk ihnen dein Ohr, gegen Langeweile die spannendsten Geschichten aus deinem Leben … Das alles ist Beziehungspflege! Es darf übrigens Spaß machen und auch mal eine ganze Stunde in Anspruch nehmen.)
Wenn dann noch immer kein entspanntes Unterrichten möglich ist, dann entferne Schüler, informiere Eltern, belohne, bestrafe, mach und tu. Das Wichtigste aber ist:
STELL FRAGEN – BLEIB IM GESPRÄCH!
Ich wünsche dir von Herzen ein fröhliches Unterrichtsklima und eine Durch-Dick-und-Dünn-Beziehung zu deinen Schüler:innen!
Deine Lydia
Weitere Ideen, wie du für ein POSITIVES UNTERRICHTSKLIMA sorgst, findest du in folgenden Podcastfolgen:
Beziehungspflege! – Tipps für einen KLASSE START! Sorg aktiv für einen guten Draht zu deinen Schüler:innen. Wie du mit neugieriger Grundhaltung und dem Fokus auf Positives friedvolle Zufriedenheit in deiner Klasse herstellst.
Meine Podcastreihe mit allen Tipps für ein positives Unterrichtsklima
*Regelverstöße* – In dieser kurzen Sonderfolge fünf knackige Tipps für dich:
- Steh dahinter!
- Leg einen Maßnahmenkatalog fest!
- Sei konsequent bei der Umsetzung!
- Lass deine Emotionen draußen!
- Sei nicht nachtragend!